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Strafrecht

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"Einiges hat sich anders dargetellt"

Prozeß endet mit Freispruch

Nein, Willkür gegen einen einzelnen sei die Anklage nicht gewesen, betonte Richter Michael Brechler zum Ende des Prozesses gegen den früheren Anwalt S. wegen Betrug und Veruntreuung. Gleichwohl sprach er den Halterner gestern frei.

Angeklagt war S. in einem Prozeß über drei Verhandlungstage, weil er vorgetäuscht habe, ein geleastes Auto nach Vertragsende zu übernehmen, tatsächlich aber nicht bezahlte (Betrug). Und weil er Außenstände von Mandanten eingezogen, aber nicht weitergeleitet habe (Unterschlagung). Gestern stand Biergroßhändler G. im Zeugenstand, lange Jahre Mandant und Freund des Angeklagten. Für ihn hat das Büro von S. 28000 Mark Außenstände eingezogen. S., so sah es Staatsanwältin Matthiesen, habe die Summe für sich behalten wollen. S. hingegen beteuerte, daß er den Fall ordentlich abgewickelt hätte, wäre er deswegen nicht inzwischen angeklagt worden. G. bestätigte, daß es über Jahre üblich war zwischen den Geschäftsfreunden, daß S. Schulden eintrieb und mit seinen Kosten verrechnete. Der Bierhändler war dabei weniger an Geld, als vielmehr an einer Abrechnung fürs Finanzamt interessiert. Daß G. niemals eine Abrechnung über die 28000 Mark erhielt, habe mehrere Gründe gehabt, führte Ex-Anwalt S. aus: Er hätte mit solchen Vollstreckungsfällen nie selbst zu tun gehabt, ein Mitarbeiter habe die Akten liegenlassen, schließlich seien die Papiere von der Steuerfahndung beschlagnahmt und nicht mehr greifbar gewesen.

Staatanwältin fordert Höchststrafe

Eine Büroangestellte von S. berichtete, daß die Abwicklung des Falles G. dem üblichen Vorgehen von S. entspricht: Eintreiben alter Schulden für Mandanten, dann Verrechnung mit eigenen Kosten. Staatsanwältin Matthiesen fand schließlich alle Anklagepunkte bestätigt, forderte neun Monate Haftstrafe für die Unterschlagung im Fall G, außerdem weitere neun Monate für den vorgeworfenen Autobetrug und die zweite, kleinere Unterschlagung. Forderungen gegen die Mandanten habe er nicht mehr gehabt, so die Staatsanwältin, also habe er das Geld für sich behalten wollen. Das geleaste Auto habe er nach Ende des Mietkauf-Vertrags unentgeldlich nutzen wollen (tatsächlich stand der Wagen nachh einem Diebstahl demoliert bei einem Autohändler, S. hatte zu der Zeit keine Fahrerlaubnis). Andreas Lechtenböhmer, Prozeßvertreter von S., hielt dagegen, die Übernahme des geleasten Autos habe sein Mandant nur zugesagt, weil er hohe Honorare für die Vermittlung eines Geschäftes in Rußland erwartete. Dann sei er aber um diese Provision geprellt worden: "Der angebliche Betrüger ist selbst der Betrogene." Die vorgeworfenen Unterschlagungen wären korrekt abgerechnet worden, hätte der Mitarbeiter die Akten ordentlich geführt. Der Angeklagte selbst ging in seinem Schlußwort noch auf die Geschichte seines Büros ein. 1985 hatte er die Anwaltslizenz zurückgegeben, bis 91 verwaltete ein Abwickler die Kanzlei von S., der wiederum in Konkurs ging. Er habe damals vor der Frage gestanden, "den Laden zuzumachen oder jede Akte auszukratzen, um den Mandanten zu sagen: Alles ist sauber abgeschlossen." Seither habe er allein für Mitarbeiter und Büromiete mehr ausgegeben, als er aus den Akten noch hätte kassieren können. S. beantragte ebenfalls Freispruch. Dem folgte Richter Brechler schließlich in allen Punkten. Er betonte, daß die Anklage "Hand und Fuß" gehabt habe. Durch die Vernehmung der Zeugen habe sich aber in der langen Verhandlung einiges anders dargestellt. So sei die Leasing-Sache kein Betrug gewesen, weil S. Geld erwartete, später mit dem fahruntüchtigen Wagen nicht anfangen konnte und ihn außerdem bei einem Autohändler abgestellt hatte. Bei den angeblichen Unterschlagungen habe S. das Geld grundsätzlich aufgrund alter Vereinbarungen einziehen können. Strafbar wäre das nur gewesen, wenn dem keine Forderungen gegenübergestanden hätten. Das aber habe die Verhandlung nicht ergeben.

(Quelle: WAZ)

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