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Strafrecht

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Verletzungen noch kein Beweis für Vergewaltigung

Klägerin erhält lediglich 1000 DM Schmerzensgeld / Verfahren eingestellt / Drei Jahre lang "nur von Schlägen gelebt"

Drei Jahre, klagte die Zeugin, habe sie nur "von Schlägen gelebt". Ihr Lebensgefährte habe sie getreten, mit dem Kopf vor die Wand geknallt und einmal so brutal gewürgt, daß sie die Würgemale mit einem Halstuch verbergen mußte. Troztdem habe sie diesen Mann geliebt. Denn es habe auch angenehme Zeiten gegeben, "nach der Versöhnung, wenn er vor mir auf die Knie fiel, um Vergebung bat und nett zu mir war".

Die Beziehung endete in einer Katastrophe: Gestern mußte sich der Mann (49) vor dem Marler Schöffengericht verantworten. Die Staatsanwältin warf ihm Vergewaltigung vor. Seine ehemalige Lebensgefährtin (48), bereits viermal geschieden, trat als Zeugin und Nebenklägerin auf. Vielleicht, sagte sie vor Gericht, habe sie nur "aus Angst, allein zu bleiben, so viel geduldet - weil er mir eingeredet hatte, daß mich keiner nimmt." Ihr Freund sei sehr besitzergreifend gewesen; mit niemanden habe sie sich unterhalten dürfen. Eine Bagatelle brachte das Faß zum Überlaufen: Nachdem er sie in der Stammkneipe angefahren und ohne Geld stehen gelassen hatte, habe sie endgültig nichts mehr von ihm wissen wollen. Laut ihrer Aussage kam der Mann schließlich nachts in ihr Schlafzimmer (das Paar wohnte zusammen, schlief aber zum Schluß getrennt), um eine Aussprache zu suchen. Dann habe er sie gewürgt, aufs Bett geworfen, ihr eine Reizgas-Dose, mit der sie ihn überraschte, aus der Hand geschlagen und sie brutal vergewaltigt. Aus Angst vor seinen Gewaltdrohungen habe sie sich nicht mehr gewehrt. Der Angeklagte ist verheiratet, berufstätig und Vater von drei Kindern. Für knapp zwei Jahre hatte er sich von seiner Frau ohne Scheidung getrennt, um mit der Nebenklägerin, deren Mutter und Tochter zusammenzuwohnen. Mittlerweile ist er wieder zu seiner Ehefrau gezogen. Vor Gericht bestritt er die Tat, räumte lediglich ein, daß er die Zeugin gewürgt hatte. Offenbar aus Eifersucht: In seiner Stammkneipe will der Angeklagte gehört haben, daß seine " lockere, lebenslustige" Freundin etwas mit anderen Männern hatte. Deshalb habe er sie zur Rede gestellt: "Ich wollte nicht wie ein Dorftrottel durch Hüls laufen." Aber am Vorwurf der Vergewaltigung sei nichts dran. Er vermute, daß die Zeugin ihm "einen einschütten wollte, weil sie mich aus der Wohnung raus haben wollte." ( In einem Zivilprozeß hatten sich die beiden Parteien bereits um Wohnung, Mietvertrag, Geld und persönliche Wertsachen gestritten.) Nach Auffassung des Gerichts reichten die Beweise für eine Verurteilung wegen Vergewaltigung auch nach der Vernehmung weiterer Zeugen nicht aus. Die Ärzte hatten bei der Klägerin weder Spermien noch Verletzungen im Genitalbereich festgestellt, wohl aber eine Schädelprellung, Druckmerkmale am Hals, eine Platzwunde an der Brust. Nachweisbar, auch aufgrund der Aussage des Angeklagten sei daher lediglich eine Körperverletzung. Alle Prozeß-Beteiligten einigten sich auf die völlige Einstellung des Verfahrens. Der Angeklagte muß nun an seine frühere Freundin 1000 DM Schmerzensgeld zahlen und bleibt ohne Vorstrafe.

(Quelle: Marler Zeitung)

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